Eine neue Angst genannt „Nomophobie“. Oder: Einfach mal abschalten

Man ist rund um die Uhr erreichbar. Das Handy immer in der Tasche, das Laptop griffbereit. Die ganze Welt im Blick. Und es drängt sich Panik auf, wenn der kleine Begleiter einmal zu Hause auf dem Esstisch vergessen wird oder sich der Akkustand langsam gegen 0% neigt. Dieses Gefühl hat nun einen Namen bekommen: Nomophobie. 

 

Nomophobie ist ein neuer Begriff im digitalen Zeitalter, der sich aus der Abkürzung "NO MOre PHone phOBIA" ableitet. Angst oder das Unbehagen liegen dahinter, ohne das Mobiltelefon oder Smartphone zu sein. Keine Verbindung zum Internet zu haben. Es handelt sich um die Furcht, von der Kommunikation und dem Informationszugriff, den das Smartphone bietet, abgeschnitten zu sein.

 

Diese Angst kann sich auf verschiedene Weise manifestieren. 

Einige Symptome von Nomophobie können sein:

  1. Das ständige Bedürfnis, das Mobiltelefon bei sich zu haben und es nicht aus den Augen zu lassen.
  2. Das Unbehagen oder die Nervosität, wenn das Handy nicht verfügbar ist oder die Batterie fast leer ist.
  3. Zittern, Schwitzen eine innere Unruhe, wenn das Smartphone nicht direkt griffbereit ist.
  4. Die ständige Überprüfung von Nachrichten, E-Mails oder sozialen Medien, auch in Situationen, in denen es unangemessen ist, wie beim Autofahren, beim Essen oder im Gespräch mit anderen.
  5. Die Unfähigkeit, längere Zeiträume ohne Handy zu verbringen, selbst wenn es keine dringenden Gründe dafür gibt.
  6. Das Gefühl von Isolation oder Angst, wenn man keine Verbindung zum Internet hat und nicht in der Lage ist, online zu sein.
  7. Die Angst, wichtige Ereignisse oder Informationen zu verpassen, wenn man das Handy nicht immer im Blick hat

Das Smartphone – oder besser gesagt die vielen Anwendungen wie WhatsApp, Instagram, Facebook, E-Mail, Push Nachrichten aus aller Welt, sind für viele Menschen fest im Alltag verankert. Die Sorge, nicht erreichbar zu sein plagt dabei genauso sehr, wie die Furcht, nicht schnell genug auf eine Nachricht reagieren zu können. Viele Text- und Sprachnachrichten ersetzen dabei oft den persönlichen Dialog. Dass das zu einem enormen Druck führt, immer gleich eine Antwort und Reaktion bereit zu haben, sehe ich sehr oft. Genauso wie die Nervosität und den Stress in Verbindung mit einem leergelaufenen Akku. Dabei stellt sich mir die Frage, ob ein jeder Sender wirklich eine direkte Antwort im Minutentakt erwartet.

 

Oft ist es die Generation Z – die heute 20–30-Jährigen. Technologie-affin, immer online, mit dem Internet und dem Smartphone aufgewachsen, können sie sich „ein Leben ohne“ fast nicht mehr vorstellen. 

 

Wie behandelt man jetzt eine Nomophobie?

 

Die Nomophobie wird oft als eine Form der Technologieabhängigkeit oder Sucht betrachtet und kann negative Auswirkungen auf das persönliche Leben, die Produktivität und die sozialen Beziehungen haben. Wie bei anderen Arten von Sucht oder Abhängigkeit kann die Bewältigung der Nomophobie eine Herausforderung sein und professionelle Hilfe erforderlich machen, wenn sie das tägliche Leben stark beeinträchtigt. Es ist wichtig, ein gesundes Gleichgewicht im Umgang mit Mobiltelefonen und dem Internet zu finden, um negative Auswirkungen auf die Lebensqualität zu vermeiden.

 

Hinter der Angst steckt also häufig ein süchtiges Verhalten und/oder sogar eine begleitende psychische Störung - wie zum Beispiel eine soziale Phobie oder auch eine Zwangsstörung. Beides ist in der Regel mit einer kognitiven Verhaltenstherapie gut behandelbar. Kognitive Verhaltenstherapie gilt auch als ein wichtiger Ansatz zur Behandlung der Internet- / Handysucht.

 

Neben der allgemeinen Aufklärung über das Krankheitsbild, der Entstehung und den Folgen werden dem Betroffenen in der Therapie alle Hintergründe und Auslöser des Krankheitsbildes vermittelt. Wichtige Therapieschritte sind unter anderem, problematische Denkmuster (Bspw. „Ich muss immer erreichbar sein.“) und Verhaltensweisen (Mein Smartphone ist auch über Nacht an.) zu analysieren und zu verändern. Das Ganze ist ein Prozess und das Üben des neuen Verhaltens steht dabei im Mittelpunkt. 

 

Manchmal sind es tatsächlich schon kleine Dinge, die eine große Wirkung haben:

  1. Ein Blick auf die tägliche Online-Zeit führt zu manch einer Überraschung
  2. Geplante „Auszeiten“ – beispielsweise zu Mahlzeiten, in der Mittagspause oder in den Abendzeiten
  3. Achtsamer Umgang mit den Medien. Meint: nicht telefonieren und dazu parallel die letzten Whatsapp und Emails lesen. 
  4. 15 Minuten Onlinezeit am Tag austauschen gegen einen Spaziergang in der Natur, das Genießen einer Tasse Tee (oder Kaffee) oder was auch immer dabei hilft, Stress abzubauen. Den Kopf wieder freizubekommen.

Weitere Ansätze:

Das GET.ON Offline-Training der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (Quelle: Therapie.de)

Im Rahmen einer wissenschaftlichen Studie an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg wurde ein onlinebasiertes Programm zur Bewältigung problematischer Internetnutzung entwickelt. Das Training nennt sich GET.ON Offline und steht Betroffenen mit psychologischer Begleitung, anonym, kostenfrei sowie zeit- und ortsunabhängig zur Verfügung. Das GET.ON Offline-Training zielt darauf ab, die eigene Internetnutzung wieder selbstbestimmt lenken zu können und damit das psychische Wohlbefinden zu verbessern, indem hilfreiche und bewährte Strategien für den Alltag trainiert werden.

 

 

 

Link: Get.On Training

Test: Bin ich von meinem Smartphone abhängig?

Bilder: Pexels.de